Einer der größten Kinosäle der Stadt ist ein Uni-Hörsaal. Der obere Hörsaal des 1961 errichteten Mathematik-Gebäudes in der Nähe des Ehrenhofs ist seit Jahrzehnten der Vorführort des Akademischen Filmstudios Karlsruhe (kurz: AFK). Ein idealer Kinosaal sieht natürlich anders aus, dennoch wird hier die Filmkultur auf höchstem Niveau gepflegt, mit anspruchsvollem Programm, mit richtigen 35mm-Filmprojektoren und Magnetton. Leider scheint das studentische Publikum dies immer weniger zu schätzen. Vor vier Jahren kamen im Schnitt noch 90 Besucher pro Vorstellung, mittlerweile ist es nur noch die Hälfte.

Die akademischen Filmenthusiasten haben in der Ära der DVD und der Festplattenrekorder keinen leichten Stand. aber sie geben nicht auf. Tradition verpflichtet. Vor gut 50 Jahren ist der AFK als Arbeitskreis des Allgemeinen Studentenausschusses (Asta) entstanden mit der ambitionierten Zielsetzung "die theoretische und praktische Arbeit am Dokumentar-, Kultur-, Spiel- und wissenschaftlichen Film" zu pflegen. Mit einem 16mm-Projektor zogen die filmbegeisterten Studenten von Hörsaal zu Hörsaal, ehe sie im HMO-Gebäude eine feste Bleibe erhielten. Seitdem haben Generationen von Filmenthusiasten dafür gesorgt, das im Kino an der Uni nicht die Lichter ausgegangen sind. Wie anderswo auch wurden die akademischen Filmklubs zur Keinzelle für die in den 70er Jahren in vielen deutschen Städten entstehenden kommunalen Kinos. Es waren
AFK-Mitglieder, die zusammen mit den Überlebenden der "Werkstatt 68", die "Initiativgruppe Kommunales Kino" gründeten, aus der wenig später "Das Kino", die heutige Kinemathek Karlsruhe hervorging.

 

AFK

 

Natürlich konnte das AFK dem hochtrabenden Gründungsanspruch nicht durchweg gerecht werden. Wie denn auch bei den geringen finanziellen Mitteln und der notorischen Personalknappheit?! Vor einigen Jahren gab es noch Filmvorstellungen, die von Einführungen und Diskussionen umrahmt wurden, wie etwa bei einer Reihe zum "Dritten Reich" oder zum Thema "Filmzensur", mittlerweile gibt es überwiegend Film"pur". Dennoch hat das AFK-Programm eine unverkennbare Struktur, wie Freya Gnam von der AFK bemerkt: "Jedes Semester gibt es eine Reihe, in der ein Regisseur vorgestellt wird und eine Themenreihe. Dieses Semester stellen wir David Lynch mit drei frühen Filmen vor. Außerdem gibt es eine Reihe mit Filmen zum Thema U-Boot, wobei es sich ausschließlich um U-Boot-Filme handelt, die keine Kriegsfilme sind. Themenreihen der letzten Semester waren beispielsweise China und Taxi. Außerdem zeigen wir einzelne Filme, die uns besonders interessant erscheinen."

Wie sehr das AFK bestrebt ist, den Bedürfnissen seines Publikums entgegegenzukommen, zeigt dir "Wunschbox", in die jeder Besucher einen Zettel mit seinen Filmwünschen einwerfen darf. In diesem Semesterprogramm hat man Paul Verhoevens "Starship Troopers" gezeigt, weil der Science-Fiction-Knaller besonders häufig gewünscht wurde. "Im Wintersemester gibt es außerdem traditionell einen Erstsemester-Wunschfilm: Die Erstsemester dürfen aus drei Filmen einen wählen", sagt Freya Gnam, die mit neun anderen Studierenden der Ingenieurs- und Naturwissenschaften den Filmbetrieb aufrecht erhält.

Die Programmkonzeption, der Kontakt mit den Filmverleiher, die Gestaltung des schmalen, aber informativen Programmblatts und dessen Verteilung gehören zu den Aufgaben der AFKler. Prinzipiell kann jeder beim AFK mitmachen, auch wenn er nichts mit der Uni zu tun hat. Auch die AFK-Vorstellungen stehen offen für alle Filminteressierten. Jede Verbesserung auf der Einnahmeseite ist willkommen, denn beim derzeitigen Stand kann das AFK sich nicht selbst tragen. Finanzielle Unterstützung erhält man vom studentischen Kulturzentrum an der Uni und dann gibt es noch Einnahmen durch Werbedias und einen Werbefilm, der vor dem Film gezeigt wird.

Gegen weitere Sponsoren hätte man nichts einzuwenden, zumal das AFK noch einiges vorhat: "Besonders wichtig wäre es für uns unsere räumliche Situation zu verbessern. Unser Büro befindet sich in einem feuchten Kellerraum. Dies ist insbesondere für unsere doch recht umfangreiche Bibliothek zum Thema Film und Kinotechnik nicht so ideal. Der Hörsaal, in dem unsere Vorstellungen stattfinden, muss wohl in nächster Zeit saniert werden. Wir hoffen, dass es dann auch gelingen wird unsere Kinotechnik besser zu integrieren". Aber zunächst einmal stehen, wie jeden Sommer, zwei Open-Air-Aufführungen im Alten Stadion der Uni an. Am 10. Juli, 20. Uhr, gibt es einen gelungenen Film der leisen Töne. "Garden State" erzählt die Geschichte des 26-jährigen Fernsehstars Andrew Largeman (gespielt von Regisseur Zach Braff), der zur Beerdigung seiner Mutter in die Provinz zurückkehrt, in der er aufgewachsen ist und anhand der Begegnung mit Freunden von damals und einem eigenwilligen Mädchen (Natalie Portman) sein Leben überdenkt.

Als ironischer Kontrast ist für den 11. Juli ein "Tiefpunkt des Teenie-Klamauks" angekündigt - eine französische Klamotte von 1978 mit dem Titel "Das Loch im Mädchenpensionat". Bierernst ist die Filmarbeit für die AFKler offenkundig nicht.

Peter Kohl

 

(Quelle: BNN, Nr. 153, Seite 26)

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