Eine cineastische Delikatesse besonderer Art konnte der akademische Filmkreis der Karlsruher TH einem großen Auditorium interessierter Studenten im Mathematikhörsaal bieten. Dank guter Verbindungen gelang es den Karlsruher Cineasten, sich eine Kopie des stark propagandistischen "DDR"-Wochenschaufilms "Der lachende Mann - Kongo-Müller" zu beschaffen, dessen Aufführung auf öffentlichen Lichtspielbühnen durch Kontroll- und Bewertungsstellen untersagt ist. "Kongo-Müller" - ein westdeutscher Militär, der über lange Zeit in den Söldnerdiensten Tschombés stand und sich für eine gewisse Art von rigoroser "Pflichterfüllung" einen Namen schuf - wurde vor etwa einem Jahr durch lancierte Alarmmeldungen verschiedener Illustrierten in das Öffentlichkeitsinteresses gerückt. Das einzig greifbare Ergebnis eines großen Knalls und hochschäumenden Aufbegehrens ist, daß Kongo-Müller von irgendeinem deutschen Filmproduzenten unter Vertrag genommen wurde, offenbar mit der Absicht, einigen wenigen Rückständigen auf dem flachen Lande, die von der Illustrierten-Presse nicht erfaßt sind, die ganze Story noch einmal einträglich zu aktualisieren. In jener Zeit jedoch, als man den Namen Kongo-Müller in einem Atemzug mit den Barbaren deutscher Vernichtungslager nannte, war man im anderen Teil Deutschlands nicht faul und schickte ein Aufnahme-Team in den Westen, den stets lachenden Kongo-Müller zu filmen und zu interviewen. Sebstvertändlich mit propagandistischen Absichten, die speziell jene vermeintliche Kriegs- und Mordtrunkenheit anvisiert, die man mit besonderer Zähigkeit der westlichen Welt unterschieben möchte.
So war das Treffen beim akademischen Filmkreis nicht nur von cineastischem Interesse, sondern auch von einer gewissen politischen Bedeutung, die in einem einführenden Referat mit recht ungeordneten Gedanken eingeschätzt wurde. Es ist wenigg ertragreich, läßt man sich bei derartigen Untersuchungen von Affekten leiten, die von sachfremden Ereignissen zu höchster Ansprechbarkeit aufgetrieben wurden. Dem Problem Kongo-Müller - ist er überhaupt das Problem? - ist wenig beigesteuert, nimmt man diese Filmmontage zum Anlaß pauschaler Feststellungen, die in einem zweiten Referat in der höchst unoriginellen Analyse gipfelten, daß die westdeutsche Gesellschaft restaurativ und reaktionär sei. Diese Erkenntnis entnahm der Redner der Tatsache, daß man im Westen den "DDR"-Streifen mit Acht und Bann belegte und den weit destruktiveren Film "Africa Addio" des Italieners Jacopetti mit dem "Prädikat wertvoll" auszeichnete. Es ist immerhin schon sehr verwegen, daß man von der Zufälligkeit (Jacopetti filmte auch den Kongo-Müller) auf politische oder ideologische Kausalitäten schließt. Noch ist ein einzelner Film nicht geeignet, mit ihm Politik zu machen. Daß die Ratschlüsse der deutschen Bewertungsstellen und die Zensurbehörden mitunter einsame und unbegreifliche wege gehen, ist richtig und in diesem Falle auch einer der angemessenen Vorwürfe.
Um jedoch der Frage Kongo-Müller näherzukommen, ist es nötig, von der Person selbst abzusehen und sich zunächst mit dem Söldnerdienst als solchen zu beschäftigen. Dazu wäre eine Überprüfung der Situation in Afrika erforderlich und nicht zuletzt die Gewißheit über die tatsächlichen Vorgänge bei Müllers Feldzügen. Würde sich bei Erfüllung all dieser Voraussetzungen ein Beitrag von Rohheit und Brutalität erhalten, müßte man diesen wieder im Hinblick auf die Dienste eines weißen Söldners in Afrika betrachten. Aus diesem Grund wäre Kongo-Müller zuerst als Söldner zu verurteilen, bevor man ins Detail geht.
Einer der Referenten bezeichnete die beiden aufgeführten Filme ("Der lachende Mann" und "Africa Addio") als Schwarz-Weiß Malerei in Rot. Diese Kennzeichnung war gut und zutreffend: Schwarz-Weiß präsentierte sich der "DDR"-Film und mobilisierte rote Tendenzen, blutrot lief der Jacopetti-film ab und bekräftigte Vorurteile zwischen Schwarzen und den Weißen. Bei behutsamerem und bedachterem Vorgehen kann man in diesen Kontrasten ein weit größeres Spektrum erblicken, als es durch die Referenten des akademischen Filmkreises möglich war.
(Quelle: BNN, Nr. 137, 14.6.1967)