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Die Filme von Mike Leigh
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Vorwort
Mike Leigh - Zwischen Kino und Fernsehen
Seit NAKED (1993, Internationale Filmfestspiele Cannes: Beste Regie; Mike Leigh, Bester
Darsteller: David Thewlis) und spätestens seit SECRETS AND LIES / LÜGEN UND GEHElMNISSE
(1996 Internationale Filmfestspiele Cannes: Bester Film, Beste Darstellerin: Brenda
Blethyn) ist Mike Leigh auch dem breiten Kinopublikum ein fester Begriff geworden.
Dass dem inzwischen 54jährigen der internationale "Durchbruch" erst nach über 20 Jahren
Filmarbeit gelang, hat vor allem mit der desolaten Situation der englischen Filmindustrie seit den
70er Jahren zu tun.
Nach seinem ausgezeichneten und vielversprechenden Erstling BLEAK MOMENTS (1971,
Internationale Filmfestspiele Locarno: Goldener Leopard, Bester Film) erging es ihm nicht
anders als anderen Regisseuren; er konnte für eine lange Zeit ausschließlich für das Fernsehen
drehen. Weder ein breites Publihum noch die Filmkritik waren so erreichbar - das Aus für eine
internationale Karriere.
"Wenn mir nach BLEAK MOMENTS jemand gesagt hätte, dass ich dreizehn Jahre lang nicht fürs Kino arbeiten würde, wäre ich sehr deprimiert gewesen. Aber niemand hat in den siebziger Jahren in England unabhängige Filme gemacht. Das änderte sich erst Anfang der achtziger Jahre, als Channel Four ins Leben grufen wurde: In der selben Zeit wie BLEAK MOMENTS drehte Stephen Frears seinen ersten Kinofilm, GUMSHOOE, und Ken Loach machte KES. Beide arbeiteten in den nächsten Jahren auch nur für das Fernsehen. Und für mich war es sicherlich noch schwieriger wegen meiner Arbeitsweise. Wenn ich jetzt zurückblicke, finde ich es geradezu erstaunlich, daß nach anderthalb Jahrzehnten, wo keine unabhängigen Spielfilme möglich waren, ich seit 1987 kontinuierlich Filme drehen konnte. Bis 1980 weigerte sich das London Film Festival, Fernsehproduktionen zu zeigen. Ich erwog damals ernsthaft, während des Festivals in einen Hungerstreik zu treten und mich anzuketten, so verzweifelt war ich. Die Leiter erklärten mich für verrückt; ich könne doch Filme machen, das Fernsehen würde sie zeigen, viele Menschen würden sie dort sehen - warum müsse es denn unbedingt ein Spielfilm sein? Das war eine sehr frustrierende Zeit. "
Channel Four wurde 1982 gegründet. In seinen Statuten festgelegt auf eine "innovative, originelle" Programmgestaltung nahm dieser Fernsehsender großen Einfluß auf die britische Fernseh- und Kinolandschaft und half ganz wesentlich durch sein Filmförderungsprogramm das New British Cinema der 80er Jahre loszutreten (Mein wunderbarer Waschsalon, Sammy und Rosie tun es, London kills me, ...). Auch Mike Leigh bekam so die Möglichkeit, endlich wieder für das Kino zu drehen. HIGH HOPES (1988) war sein erster 35mm-Film seit 17 Jahren.
Seine lange Tätigkeit für das Britische Fernsehen wurde erstmals während den Hofer Filmtagen 1993 mit einer umfangreichen Werkschau gewürdigt. Das BBC hat jetzt zusammen mit Mike Leighs Produktionsgesellschaft und dem BFI (British Film Institute) eine Auswahl seiner Fernsehfilme für das Kino zusammengestellt. Anlass für uns zu einer kleinen Mike Leigh Werkschau mit einem Teil seiner Kinofilme und BBC-Produktionen, die hier bislang noch weitgehend unbekannt sind.
Viel Spaß mit Mike Leigh!
Inhalt:
- Vorwort: Mike Leigh - Zwischen Kino und Fernsehen
- Mike Leigh und seine Filme
- Bleak Moments
- Hard Labour
- Nuts in May
- The Kiss Of Death
- Who's Who
- Grown-Ups
- Home Sweet Home
- Meantime
- Four Days in July
- High Hopes
- Life is Sweet
- Naked
- Secrets And Lies: Lustspiel vom geteilten Leid
- Career Girls: In die Jahre kommen
- Filmographie
Impressum
"Die Filme von Mike Leigh" ist eine Sonderausgabe der Filmzeitung des AFK-Filmstudios und erscheint begleitend zur kleinen Mike Leigh Retrospektive im Wintersemester 1997/98.
V.i.S.d.P.
Akademischer Filmkreis Karlsruhe e.V.
Kaiserstrasse 12
76128 Karlsruhe
Mitarbeiter an dieser Ausgabe:
A. Günter, M. Pliefke